Allmählich füllt sich Raum 1 der Feldschule in Verl. Mit Taschen bepackt treten die Teilnehmenden des Weinseminars von Heinz Kummernuß ein. Sie nehmen Platz und packen aus: Tischset, eine Flasche Wasser, drei Untersetzer, drei Weingläser und ein Körbchen mit Brot sowie eine teils dicke Notizmappe samt Stift. So ausgestattet erwarten sie, was der Dozent heute mitgebracht hat. Zur vorletzten Stunde, denn Heinz Kummernuß, Jahrgang 1942, beendet in diesem Semester seine Tätigkeit.
Üblicherweise hat er drei Sorten Wein dabei, je zwei Flaschen für den gesamten Kurs zum Verkosten. Aber bevor es losgeht, gibt Heinz Kummernuss ein ihm wichtiges Motto aus.
„Wein ist die Kultur, bei der Menschen sich kennenlernen, anstatt sich zu bekämpfen.“
Heute geht es um den Crémant. Der Crémant, es ist ein weißer, hat weniger Kohlensäure als Sekt und prickelt deshalb auch spürbar weniger. Und: Er ist nicht so herb. Das liegt an der Ganztraubenpressung, weiß der Fachmann. Die Trauben verbleiben an den Stielen, der Rappe und werden nur angepresst. Das sanft moussierende Getränk, das traditionellerweise in der Flasche gärt, wird nicht nur in Frankreich erzeugt, sondern beispielsweise auch in Deutschland. Schmecken die Teilnehmer die Aromen von Aprikose, Mirabelle, Apfel und Kräutern heraus? Und ist der Abgang tatsächlich floral? Teilnehmer Wolfgang findet ihn „schlappweg«, ihm hat dieser weiße Crémant deutlich zu wenig Kohlensäure.

Die nächste Flasche Crémant, diesmal ein Rosé, ist wie der Vorgänger eine Cuvée, also ebenfalls aus verschiedenen Traubensorten hergestellt. Heinz Kummernuß erklärt die Abstufungen vom einfachen Perlwein über den Schaumwein, den Qualitätsschaumwein, den Winzersekt bis hin zum Crémant.
Nach ein paar Bissen Brot und einigen Schlucken Wasser zwischendurch steht zum Schluss fest: Die meisten Verkoster bevorzugen geschmacklich den Rosé.
Ein ganz anderes Geschmackserlebnis bietet der Qualitätssekt von der Ahr, die dritte Sorte des Abends. Es handelt sich um einen weißen Sekt aus roten Trauben. Beim Eingießen schäumt er stark. 30 Monate hat er „auf der Hefe gelegen“. Dem „Brut natur“ wurde keine Süße hinzugefügt. Er ist wirklich sehr trocken. Kenner schmecken eine Brioche-Note, das fein-süßliches Aroma des fluffigen französischen Hefegebäcks.
Alle Informationen des heutigen Abends verteilt Heinz Kummernuß zum Nachlesen, schnell sind die Kopien vergriffen. Das Interesse ist ungebrochen und das Wissen wird weiter vervollständigt, auch wenn Heinz Kummernuß seine Dozententätigkeit nach knapp 20 Jahren nun beendet.
Die Gruppe wird sich in privatem Rahmen weiterhin treffen und auch gemeinsam verreisen. Im nächsten Jahr soll es zu Winzern nach Sachsen gehen. Vielen Dank für das (mit-)geteilte Wissen und gute Reise!
Heinz Kummernuß: Meine Frau und ich waren vor vielen Jahren in Würzburg bei einem Fest. Dort haben wir einen Mann aus Kiel kennengelernt, der uns erzählte, dass er an der Volkshochschule so ein Seminar als Dozent anbietet. Da hat meine Frau zu mir gesagt: Das kannst Du doch auch.
Nicht nur für mich. Auch für meine Frau Helga, die mich dabei unterstützt hat. Aber ja, das ist schon ein erheblicher Aufwand. Und wenn man ehrlich ist, lernt man ja selbst immer noch dazu. Ich merke jetzt, dass da ein Vakuum ist und ich plötzlich viel freie Zeit habe, die ich früher für die Vorbereitung gebraucht habe.
Tatsächlich habe ich keinen. Am liebsten genieße ich einen trockenen Wein. Wenn er gut ist, offenbart er einem viele Aromen. Anders als süße Weine, bei denen die Süße eben oft den Geschmack überlagert.
Das stimmt. Wein ist komplex. Man sagt, zehn bis 14 Aromen verbergen sich in einer Flasche guten Weins. In unserem Seminar haben wir geübt, sie herauszuschmecken. Ich habe eine Sammlung von 56 Aromen. Zu einem Kursabend habe ich bis zu sechs Aromen mitgebracht, um uns zu schulen. Wer dann unterscheiden muss, ob es mehr nach Orange oder doch nach Pampelmuse schmeckt, merkt, wie schwer das ist.
Weine aus Franken oder der Pfalz schmecken mir gut. Aber auch die Winzer an der Ahr stellen gute Produkte her, die es sich lohnt zu testen.
(lacht): Ganz bestimmt. Aber meine Kursteilnehmer auch. Wir werden uns deshalb weiterhin treffen. Dann aber im privaten Rahmen.
Titelbild: Sein Jahrgang: Eine ganz besondere Flasche Wein hat Heinz Kummernuß an diesem Abend mitgebracht. Die Josephshöfer Spätlese von 1942 ist so alt wie der Dozent. Geöffnet wird diese Flasche nicht. Obwohl Kummernuß den Korken vorsorglich versiegelt hat, wird sie wohl nicht mehr schmecken.
Text und Fotos: Almuth Thöring